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BGH zur Anwendung der GOÄ bei Abrechnung kosmetischer Operationen

Der BGH hat mit Urteil vom 23. März 2006 (Az.: III ZR 223/05) bestätigt, dass die Gebührenordnung für Ärzte auch dann anzuwenden ist, wenn medizinisch nicht indizierte Leistungen oder kosmetische Operationen abgerechnet werden.

In dem entschiedenen Fall hatte die Klägerin den beklagten Arzt wegen einer Brustverkleinerung konsultiert. Der Arzt hat der Klägerin die Kosten in Höhe von 18.500.- DM in einer nicht unterschriebenen „Kostenaufstellung“ mitgeteilt. Die Klägerin hat diese Summe gezahlt und die Operation durchführen lassen. Nach entsprechendem Rechtsrat hat die Klägerin den beklagten Arzt auf Rückzahlung der Differenz zwischen ihrer Zahlung und eines nach der GOÄ geschuldeten Honorars in Anspruch genommen. Der BGH hat die stattgebenden Urteile der Instanzgerichte bestätigt und den Beklagten zu dem von der GOÄ nicht abgedeckten Honoraranteil als ungerechtfertigt bereichert angesehen

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der BGH zunächst den § 1 und den § 2 GOÄ zitiert. Danach wurde ausgeführt, dass die weiten Begriffe der „beruflichen Leistungen der Ärzte“ gem. § 1 GOÄ und der „ärztlichen Tätigkeit“ gem. § 11 BÄO in einem umfassenden Sinne zu verstehen sind. Die ärztliche Tätigkeit beschränkt sich nicht nur auf Heilbehandlungen, sondern kann auch Maßnahmen am gesunden Menschen umfassen, wenn diese ihrer Methode nach der ärztlichen Krankenbehandlung gleichkommen, ärztliche Fachkenntnisse voraussetzen und gesundheitliche Schädigungen verursachen können.

Auch die GOÄ beinhalte in ihrem Leistungskatalog z.B. mit den Ziff. 80 und 85 für Berichte und Gutachten bereits Positionen, die sich nicht auf Heilbehandlungen beziehen. Ferner stelle auch das Merkmal der medizinischen Notwendigkeit keine Voraussetzung für eine Anwendbarkeit der GOÄ dar, weil auch hierzu die GOÄ selbst bereits in dem § 1 Abs. 2 Satz 2 GOÄ und in dem § 12 Abs. 3 Satz 5 GOÄ Regelungen enthält. Letztlich würde die Unterscheidung zwischen medizinisch notwendigen und nur kosmetisch veranlassten Operationen zu vermeidbaren Unsicherheiten für den Anwendungsbereich der GOÄ führen.

Dem von dem beklagten Arzt vorgetragenen Argument, der GOÄ würden Leistungstatbestände für kosmetische Eingriffe weitgehend fehlen, hielt der BGH den Hinweis auf mögliche Analogbewertungen nach § 6 Abs. 2 GOÄ entgegen. Einen Verstoß gegen höherrangiges Recht, wie die Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 GG, sah der BGH unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei einer Anwendung der GOÄ auf kosmetische Operationen nicht für gegeben.

Nach diesem Urteil ist die häufig noch übliche Vereinbarung von Pauschalhonoraren auch im Bereich der medizinisch nicht notwendigen Leistungen und der kosmetischen Operationen künftig ausgeschlossen. Ob eine nennenswerte Anzahl von Patienten und Patientinnen in diesem Bereich nunmehr dem Beispiel der Klägerin in dem entschiedenen Fall folgt und Rückforderungsansprüche anmelden, bleibt abzuwarten.

Jedenfalls wird künftig für Honorarvereinbarungen auch in diesem Bereich der § 2 GOÄ zu berücksichtigen sein. Für die Vereinbarung von Honoraren in der derzeit üblichen Höhe bleibt danach nur die Möglichkeit die Höhe des Steigerungssatzes gem. § 2 Abs. 2 GOÄ zu vereinbaren. Nach den strengen Voraussetzungen, die diese Vorschrift an die Wirksamkeit einer Honorarforderung stellt, ist aber mit einiger Gewissheit mit einem Ansteigen der Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich zu rechnen.

Beitrag veröffentlicht am
17. Mai 2006

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