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Digitaler Nachlass: Was passiert mit dem Instagram-Konto nach dem Tod?

Die Frage, was mit einem Social-Media-Account nach dem Tod des Inhabers geschieht, betrifft immer mehr Menschen. Instagram, aber auch andere Plattformen wie Facebook oder X, sind inzwischen fester Bestandteil des Nachlasses geworden. Gerade bei Accounts mit hoher Reichweite oder besonderem ideellen Wert stellen sich viele Erben und Erblasser die Frage: Wer darf nach dem Tod eines Nutzers auf dessen Konto zugreifen und es weiterführen?

Rechtlicher Hintergrund: Gesamtrechtsnachfolge und digitaler Nachlass

Im deutschen Erbrecht gilt der Grundsatz der sogenannten Universalsukzession (§ 1922 BGB): Der gesamte Nachlass und dazu gehören grundsätzlich auch digitale Konten, geht auf die Erben über. Das bedeutet: Der Nutzungsvertrag zwischen dem Erblasser und der Plattform wird auf die Erben übertragen. Die Erben stehen damit rechtlich „in den Schuhen“ des Verstorbenen und übernehmen dessen Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Konto.

Leserecht oder auch aktive Nutzung? Die jüngste Rechtsprechung sorgt für Klarheit

Bislang war oft unklar, ob Erben lediglich die bestehenden Inhalte eines Accounts einsehen (Leserecht) oder das Profil auch aktiv weiter nutzen dürfen. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat nun entschieden (13 U 116/23, Urt. v. 30.12.2024): Die Erben haben – sofern keine besonderen Ausschlussgründe bestehen – nicht nur ein Einsichtsrecht, sondern können den Instagram-Account auch aktiv nutzen und beispielsweise neue Beiträge posten oder Nachrichten verschicken.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung war, dass die Verpflichtungen aus dem Nutzungsvertrag nicht sog. höchstpersönlicher Natur sind, wie etwa bei einem Behandlungsvertrag mit einem Arzt. Die Dienstleistung der Plattformbetreiber besteht vielmehr in der rein technischen Bereitstellung der Kommunikationsplattform. Dieser Service kann unverändert auch gegenüber den Erben erbracht werden.

Was spricht gegen die aktive Nutzung durch Erben?

Plattformbetreiber berufen sich häufig auf den sogenannten „Gedenkzustand“, mit dem Konten nach Todesmeldung eingefroren und eine aktive Nutzung unterbunden wird. Das OLG Oldenburg sieht hier jedoch keine ausreichende Rechtsgrundlage für einen völligen Nutzungsausschluss. Nach Auffassung des Gerichts enthalten die Vertragsbedingungen der Anbieter in der Regel keine wirksame Beschränkung der Vererblichkeit. Soweit entsprechende Regelungen bestehen, seien diese rechtlich meist unwirksam, da sie die Erben unzulässig benachteiligen.

Weder Datenschutzrecht oder das Fernmeldegeheimnis noch das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers oder der Kommunikationspartner stehen dem Zugriffs- und Nutzungsrecht der Erben nach Auffassung des OLG Oldenburg grundsätzlich entgegen. Auch eventuelle Interessen Dritter seien regelmäßig nachrangig gegenüber den Rechten der Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers.

Abgrenzung zu anderen Vertragsverhältnissen

Das Gericht hat ausdrücklich klargestellt, dass der Fall nicht mit der Nutzung eines Bankkontos (Girovertrag) vergleichbar ist. Anders als bei einem Bankkonto ist für die Nutzung eines Social-Media-Accounts keine besondere persönliche Vertrauensbeziehung zwischen dem Anbieter und dem Kontoinhaber erforderlich. Im Gegenteil: Social-Media-Profile können für die Erben sogar erheblichen ideellen oder wirtschaftlichen Wert haben, etwa durch die bestehende Follower-Community.

Praxistipp: Gestaltungsmöglichkeiten und Vorsorge

Wer nicht möchte, dass nach seinem Tod der eigene Social-Media-Auftritt aktiv weitergeführt wird, sollte dies eindeutig in einer Verfügung (z.B. Testament, Vorsorgevollmacht) oder als Willensäußerung gegenüber den Erben regeln. Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass die Erben das Profil im eigenen Namen weiter betreiben – einschließlich der Möglichkeit, neue Beiträge zu veröffentlichen.

Fazit: Klare Rechte, aber auch Verantwortung für Erben

Erben haben grundsätzlich Anspruch auf vollständigen (also auch aktiven) Zugang zum Instagram-Konto des Verstorbenen. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei eindeutigen anderslautenden Regelungen im Nutzungsvertrag oder ausdrücklichem Willen des Erblassers, kann die Plattform die aktive Nutzung verwehren. Empfehlenswert ist es für Erblasser, den digitalen Nachlass in die Nachlassplanung einzubeziehen und klare Anweisungen zum Umgang mit Online-Profilen zu hinterlassen.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
22. Juli 2025

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