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Geschäftsführer: Haftung & Entlastungsbeschluss

Grundsätzlich haften Geschäftsführer einer GmbH nicht persönlich. Ausnahmen sind aber möglich: Nach § 43 GmbHG kann ein Geschäftsführer persönlich auf Schadensersatz haften.

Aber gilt das für jede Pflichtverletzung? Und welche Rolle spielt ein Entlastungsbeschluss der Gesellschafter für die persönliche Haftung eines Geschäftsführers? Gibt es Fälle, in denen eine persönliche Haftung in Betracht kommt, auch wenn eigentlich ein Entlastungsbeschluss vorliegt?

Mit einem solchen Fall, in dem diese Fragen eine entscheidende Rolle spielten, beschäftigte sich u. a. das OLG Brandenburg. Worum es in diesem Fall ging? Um die Anschaffung eines Wohnwagens ( OLG Brandenburg, Urteil v. 29.06.2022, Az.: 7 U 60/21 ).

Persönliche Haftung und die Wirkung des Entlastungsbeschlusses

Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer einer GmbH nicht persönlich.

Allerdings gibt es von diesem Grundsatz eine gesetzliche Ausnahme: Missachtet ein Geschäftsführer bei der Erfüllung seiner Obliegenheiten die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, kann die Gesellschaft Schadensersatz von ihm verlangen. So legt es  § 43 GmbHG  ausdrücklich fest. Denn der Geschäftsführer einer GmbH muss die Gesellschaft so führen, dass die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens gewahrt bleiben.

Allerdings muss die persönliche Haftung auch zeitliche Grenzen kennen. Deswegen bestätigt die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer mit dem Entlastungsbeschluss nach  § 46 Nr. 5 GmbHG  u. a. grundsätzlich, dass er seinen Sorgfaltspflichten gegenüber der GmbH nachgekommen ist. Eine persönliche Haftung ist damit grundsätzlich „vom Tisch“. Denn mit der Entlastung schließen die Gesellschafter u. a. Schadensersatzansprüche aus.

Wichtig ist allerdings zu wissen: Die Entlastung bezieht sich auf die Geschäftsvorgänge, die für die Gesellschafter aufgrund der vorgelegten Unterlagen bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen nachvollziehbar waren. Wenn der Geschäftsführer Informationen verschleiert bzw. Geschäftsvorgänge auch bei sorgfältiger Prüfung immer noch undurchsichtig bleiben, entfaltet die Entlastung für diese Geschäftsvorgänge nach Rechtsprechung des BGH keine entlastende Wirkung. Einzelne Haftungsfälle können also trotz Entlastung fortbestehen.

Was war im konkreten Fall passiert?

Vor Gericht stritten eine GmbH und deren Geschäftsführer. Die GmbH verlangte in einer Klage gegen den eigenen Geschäftsführer Schadensersatz in Höhe von rund 30.000 Euro.

Der Grund dafür: Der Geschäftsführer hatte im Jahr 2017 vermeintlich ohne Absprache mit den Mitgesellschaftern einen Caravan angeschafft, den er nur privat nutzte. Unstreitig war, dass der Wohnwagen vor dem Grundstück des Mannes stand, für Urlaubsreisen genutzt wurde und für eine private Campingnutzung bestens ausgebaut war.

Die Position des Geschäftsführers: Er habe den Caravan für Besprechungen im Rahmen eines Auftrages/Bauvorhabens der GmbH angeschafft. Außerdem sei der Kauf des Caravans zu diesem Zweck mit den Mitgesellschaftern abgestimmt gewesen.

Nicht zuletzt sei er per Umlaufbeschluss nach § 46 GmbHG entlastet worden, Schadensersatzansprüche gegen ihn seien nicht mehr möglich. In den Unterlagen als Grundlage für den Entlastungsbeschluss sei der Wohnwagen außerdem als „sonstiges Transportmittel“ im Anlagenspiegel erschienen, unter der Bezeichnung „Bauwagen“. Dass es sich bei dem Caravan nicht um einen normalen Bauwagen handelte – Kosten für einen Bauwagen ca. 8.000 Euro – hätten die Gesellschafter bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen erkennen können.

Wie urteilte das OLG Brandenburg?

Das Gericht sah das anders: Die Gesellschafter hätten auch bei gründlicher Prüfung der Unterlagen nicht ohne Weiteres erkennen können, dass die Anschaffung des Caravans nicht im Sinne der Gesellschaft war, sondern allein im privaten Interesse des Geschäftsführers lag. Vielmehr hätten die Unterlagen, die der Geschäftsführer zu diesem Geschäftsvorfall vorgelegt habe – Stichwort „Bauwagen“ für einen voll ausgebauten Camper –, versucht, den Zweck der Anschaffung zu verschleiern. Hinzu komme, dass der Geschäftsführer in der Kommunikation geschäftliche Gründe für die Anschaffung des Campers vorgeschoben hatte. Insofern hätte auch der Entlastungsbeschluss aus dem Jahr 2018 den Anspruch auf Schadensersatz für diesen Geschäftsvorfall nicht zunichtegemacht.

Da die Anschaffung des Caravans aus Gesellschaftsmitteln zu privaten Zwecken außerdem natürlich nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes entspricht, hatte die Klage auf Schadensersatz letztlich Erfolg.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil zeigt: Geht es um die persönliche Haftung als Geschäftsführer einer GmbH, führt ein Entlastungsbeschluss der Gesellschafterversammlung nicht immer zu einer vollständigen Enthaftung. Gerade in Fällen, in denen Gesellschafter Fehlverhalten anhand der vorlegten Unterlagen nicht leicht nachvollziehen können oder wenn versucht wird, Fehler zu verschleiern, bleibt der Gesellschaft trotz Entlastungsbeschluss die Möglichkeit der Schadensersatzklage.

Gleichzeitig bedeutet das allerdings auch: Je umfangreicher und transparenter der Geschäftsführer die Gesellschafter informiert, desto schwerer wird es später einzuwenden, man habe einen kritischen Geschäftsvorfall auch bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen nicht erkennen können.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
6. Dezember 2023

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