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Rückgabeprotokolle im Mietrecht: Bindungswirkung und Grenzen

Bei der Wohnungsrückgabe ist das Rückgabeprotokoll oft ein unscheinbares Dokument, dem beide Seiten schnell ihre Unterschrift geben. Doch was darin steht, hat erhebliche rechtliche Konsequenzen. Wer bestätigt, dass eine Wohnung mangelfrei ist, kann sich später nicht mehr auf Mängel berufen – selbst wenn diese tatsächlich vorhanden waren. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Hanau, die die Bedeutung solcher Protokolle noch einmal unterstreicht.

Sachverhalt

Vor dem Amtsgericht Hanau ging es um eine Mieterin, die über längere Zeit ihre Miete minderte und dadurch monatlich zunächst 53 Euro, später sogar 123 Euro zu wenig zahlte. Sie berief sich auf Mängel in der Wohnung, insbesondere Feuchtigkeit und Schimmel in der Abstellkammer. Die Vermieter kündigten daraufhin fristlos und verlangten Räumung sowie Zahlung der rückständigen Mieten. Zwar zog die Mieterin schließlich aus, doch bei der Wohnungsrückgabe am 31. Juli 2024 unterzeichneten beide Parteien ein Rückgabeprotokoll, in dem die Wohnung als mangelfrei bezeichnet wurde.

In dem anschließenden Prozess erklärte die Mieterin, sie habe das Protokoll lediglich unterschrieben, um nicht für etwaige Schäden an der Wohnung in Anspruch genommen zu werden. Tatsächlich seien die geltend gemachten Mängel aber schon lange vorhanden gewesen. Das Amtsgericht Hanau folgte dieser Argumentation nicht und stellte klar, dass ein von beiden Seiten unterzeichnetes Rückgabeprotokoll den tatsächlichen Zustand der Wohnung bei der Übergabe verbindlich festlegt. Mit der Unterschrift hätten beide Parteien ausdrücklich bestätigt, dass die Wohnung mangelfrei sei. Einwände im Nachhinein seien deshalb ausgeschlossen.

Rechtliche Einordnung

Das Gericht stellte heraus, dass Rückgabeprotokolle dazu dienen, den Zustand der Wohnung bei der Übergabe abschließend festzuhalten und spätere Beweisaufnahmen zu vermeiden. Indem beide Parteien das Dokument unterzeichnen, erklären sie verbindlich, dass der festgehaltene Zustand zutrifft. Ein Rückgabeprotokoll entfaltet damit Bindungswirkung für beide Seiten. Der Vermieter kann sich später nicht auf Schäden berufen, die im Protokoll nicht aufgeführt sind, ebenso wenig kann sich die Mieterin nachträglich auf Mängel stützen, die dort nicht vermerkt sind.

Die Motivation, mit der eine Partei unterschreibt, spielt für die rechtliche Wirkung keine Rolle. Auch der Hinweis der Mieterin, sie habe das Protokoll nur deshalb unterzeichnet, um von Schadenersatzansprüchen verschont zu bleiben, konnte daran nichts ändern. Entscheidend ist allein, was schriftlich fixiert und durch Unterschrift bestätigt wurde. Damit war die Mieterin an die Erklärung gebunden, dass die Wohnung mangelfrei war, und konnte die Mietminderung nicht mehr mit angeblichen Mängeln begründen.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht, dass Rückgabeprotokolle im Mietrecht mehr sind als bloße Formalität. Sie schaffen Rechtssicherheit für beide Seiten und verhindern spätere Streitigkeiten über den Zustand der Wohnung. Wer ein Protokoll unterschreibt, erklärt verbindlich, dass die darin festgehaltenen Angaben zutreffen. Wer Mängel geltend machen möchte, muss diese spätestens im Protokoll vermerken lassen. Andernfalls sind sie im Nachhinein regelmäßig ausgeschlossen.

Quelle: Amtsgericht Hanau, Urteil vom 11. April 2025 – 32 C 37/24


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
29. September 2025

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