Sofortkontakt zur Kanzlei
NAHME & REINICKE Ihre Rechtsanwälte und Notare in Hannover
Rufen Sie uns an +49 511 283770
Senden Sie uns eine E-Mail zentrale@nahmereinicke.de
NAHME & REINICKE
Aktuelle Fachbeiträge
 

BGH zur VOB/B Vergütungsanspruch bei geänderten Bauzeitenplänen

Am 19. September 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein bedeutendes Urteil im Baurecht gefällt (Az. VII ZR 10/24), das die Rechte von Auftragnehmern bei Bauzeitverzögerungen neu definiert. Konkret entschied der BGH, dass die Übermittlung eines geänderten Bauzeitenplans durch den Auftraggeber keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) darstellt.

Hintergrund des Urteils

Im vorliegenden Fall beauftragte ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen mit Elektroinstallationsarbeiten, wobei die VOB/B Vertragsbestandteil war. Aufgrund fehlender Ausführungsplanungen und unvollständiger Vorleistungen kam es zu mehrfachen Behinderungen, die der Auftragnehmer anzeigte. Infolgedessen wurden die Bauzeitenpläne mehrfach angepasst und verlängert. Nach Abschluss der Arbeiten machte der Auftragnehmer zusätzliche Kosten in Höhe von über 56.000 Euro geltend, die durch die Bauzeitverlängerung entstanden waren. Der Auftraggeber lehnte die Zahlung ab, woraufhin der Fall vor Gericht ging.

Entscheidung des BGH

Der BGH stellte klar, dass die bloße Übermittlung eines geänderten Bauzeitenplans keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B darstellt. Eine solche Anordnung würde eine ausdrückliche Willenserklärung des Auftraggebers erfordern, die hier nicht vorlag. Zudem führte der BGH aus, dass die Verschiebung des Bauablaufs allein keine Verletzung einer vertraglichen Pflicht des Auftraggebers darstellt, sondern vielmehr in dessen Koordinierungsaufgabe gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B fällt.

Praktische Auswirkungen für Auftragnehmer

Dieses Urteil hat erhebliche Konsequenzen für Auftragnehmer:

  • Kein automatischer Vergütungsanspruch bei Bauzeitverlängerung: Die Anpassung des Bauzeitenplans durch den Auftraggeber führt nicht automatisch zu einem Anspruch auf Mehrvergütung. Auftragnehmer sollten daher bei Verzögerungen genau prüfen, ob eine ausdrückliche Anordnung vorliegt, die einen Vergütungsanspruch begründen könnte.
  • Notwendigkeit detaillierter Behinderungsanzeigen: Um Ansprüche geltend zu machen, müssen Auftragnehmer Behinderungen detailliert anzeigen und dokumentieren. Es ist essenziell, den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Behinderung und einer möglichen Pflichtverletzung des Auftraggebers nachzuweisen.
  • Prüfung alternativer Anspruchsgrundlagen: In Fällen, in denen keine Anordnung vorliegt, sollten Auftragnehmer prüfen, ob andere Anspruchsgrundlagen, wie etwa ein Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB wegen Annahmeverzugs des Auftraggebers, in Betracht kommen.

Fazit

Das Urteil des BGH verdeutlicht die Bedeutung einer klaren Kommunikation und Dokumentation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Auftragnehmer sollten bei Bauzeitverzögerungen sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für Vergütungs- oder Entschädigungsansprüche erfüllt sind, und entsprechende Nachweise erbringen. Eine proaktive und präzise Vorgehensweise kann helfen, rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und berechtigte Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
1. März 2025

Diesen Beitrag teilen

Gesellschaftsrecht
25.08.2025

Update: Anmeldung der Geschäftsführerbestellung zum Handelsregister – Angabe der Privatanschrift des neuen Geschäftsführers nicht erforderlich

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 09.01.2025 (Az. I-4 Wx 19/24) entschieden, dass bei der Anmeldung eines Geschäftsführers zum Handelsregister die Angabe der vollständigen Wohnanschrift nicht erforderlich ist. Zur Identifizierung genügen Name, Geburtsdatum und Wohnort (§ 43 HRV); die Geschäftsanschrift reicht in der Regel auch für die Erreichbarkeit aus. Eine Pflicht zur Mitteilung der Privatanschrift ergibt sich weder aus dem HGB noch aus dem FamFG. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann die Wohnanschrift zur Identifizierung oder Zustellung notwendig sein.

Beitrag lesen
Bau- und Architektenrecht
07.07.2025

Was Sie als Bauherr von einem Architekten erwarten dürfen und welche Schritte Sie beachten sollten

Die Beauftragung eines Architekten gehört zu den zentralen Aufgaben, die ein Bauherr bei der Realisierung eines Bauprojekts bewältigen muss. Doch welche Leistungen darf ein Bauherr üblicherweise von einem beauftragten Architekten erwarten und welche Unterlagen sind anzufertigen und herauszugeben? Dieser Artikel bietet eine Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen und praktische Tipps für Ihr Vorhaben.

Beitrag lesen
Mietrecht
17.06.2025

Balkonkraftwerke nur mit Zustimmung des Vermieters (AG Köln 208 C 460/23)

In einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichts Köln hat sich das Gericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob Mieter ohne Zustimmung ihres Vermieters ein Balkonkraftwerk installieren dürfen. Dieses Urteil vom 13. Dezember 2024, das sich intensiv mit den neuen gesetzlichen Regelungen in Bezug auf Steckersolargeräte befasst, ist von großer Bedeutung für Mieter und Vermieter gleichermaßen. Insbesondere in Zeiten, in denen Umweltschutz und Energiekosteneinsparungen einen immer höheren Stellenwert einnehmen, stellt sich die Frage nach dem Recht der Mieter, alternative Energiequellen auf ihrem Balkon zu installieren, als brisantes Thema heraus.

Beitrag lesen