Sofortkontakt zur Kanzlei
NAHME & REINICKE Ihre Rechtsanwälte und Notare in Hannover
Rufen Sie uns an +49 511 283770
Senden Sie uns eine E-Mail zentrale@nahmereinicke.de
NAHME & REINICKE
Aktuelle Fachbeiträge
 

Gesellschaftsrecht Virtuelle Gesellschafterversammlung der GmbH: gesetzliche Regelung erleichtert vieles, Gesellschaftsvertrag dennoch wichtig

Die Corona-Pandemie hat auch im Gesellschaftsrecht Spuren hinterlassen. Denn als Versammlungen pandemiebedingt nicht stattfinden durften, geriet das Gesellschaftsrecht – auch das GmbH-Recht! – an Grenzen und so unter Veränderungsdruck. Denn das GmbH-Recht sah bisher vor, dass Gesellschafter persönlich zusammenkommen müssen, um als Gesellschafterversammlung Beschlüsse fassen zu können.

Diese gesetzliche Regelung wurde nun angepasst. Einerseits, um für Situationen in Zukunft gewappnet zu sein, in denen Präsenzversammlungen nicht möglich sind. Andererseits, um auch Gesellschaftern die Teilnahme zu ermöglichen, die zu weit entfernt vom Versammlungsort leben bzw. nicht in der Lage sind, persönlich anzureisen.

Bisherige Regelung der Beschlussfassung: Präsenz

Gesellschafterversammlungen waren bis zu Beginn der Corona-Pandemie nur möglich, wenn sich die Gesellschafter persönlich an einem Ort trafen. Damit war auch die Gesellschafterversammlung der GmbH klassisch als Präsenzversammlung vorgesehen. Im GmbH-Gesetz (GmbHG) selbst gab es bis dato keine gesetzliche Grundlage für „virtuelle“ Gesellschafterversammlungen – die Digitalisierung hatte schlichtweg noch nicht Einzug ins GmbH-Recht gehalten. Nur im Gesellschaftsvertrag konnten GmbHs vom Grundsatz der Präsenzversammlung abweichen und virtuelle Gesellschafterversammlungen zulassen.

Mit den Versammlungsverboten während der Corona-Pandemie wurde das für GmbHs zum Problem, die bisher keine Regelung zur virtuellen Gesellschafterversammlung getroffen hatten und während der Hochphase der Pandemie nicht in der Lage waren, die Satzung mit den für die Satzungsänderung notwendigen 75 % der Stimmen (§ 53 Abs. 2 GmbHG) anzupassen.

Zwar sorgte der Gesetzgeber kurzfristig dafür, dass Beschlüsse ohne Präsenzversammlung im Umlaufverfahren von einer einfachen Mehrheit gefasst werden konnten. Die Regelung galt allerdings nur bis Anfang August 2022. Seitdem ist das Umlaufverfahren als Abstimmungsvariante nur noch möglich, wenn sich alle Gesellschafter (einstimmig) damit einverstanden erklären.

Grundlage für Beschlussfassung außerhalb von Präsenzversammlungen im GmbHG  

Um mit der Zeit zu gehen und virtuelle Beschlussfassungen künftig zu erleichtern, wurde das GmbH-Gesetz deswegen mit Auslaufen der vorübergehenden Pandemie-Regelungen angepasst. Seitdem sieht § 48 Absatz 1 GmbHG vor, dass virtuelle Gesellschafterversammlungen unabhängig von Regelungen in der GmbH-Satzung möglich sind, also auch in „fernmündlich“ (Telefonkonferenz) bzw. mithilfe von Videokommunikation stattfinden können.

Und doch hat die gesetzliche Regelung einen Haken: alle Gesellschafter müssen mit einer solchen virtuellen Gesellschafterversammlung einverstanden sein (Einstimmigkeit!). Das kann zu einer hohen Hürde werden, selbst wenn die Zustimmung auch per E-Mail mitgeteilt werden kann.

Präsenzversammlung, virtuelle Gesellschafterversammlung oder hybrid?

Findet eine virtuelle Gesellschafterversammlung statt, verzichtet man „lediglich“ auf die physische gleichzeitige Anwesenheit der Gesellschafter. Die gleichzeitige Teilnahme über Telefonkonferenz oder Videokonferenz bleibt notwendig. Aber muss man sich nun zwingend zwischen Präsenzversammlung oder virtueller Versammlung entscheiden?

Nein, denn es ist auch möglich, die Formen der Versammlung zu kombinieren, also Gesellschafter einer Präsenzversammlung virtuell hinzuzuschalten. Das macht künftig die Gestaltung der Gesellschafterversammlung theoretisch relativ flexibel, weil der Gesellschaft von Gesetzes wegen nun grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten der Gestaltung zur Verfügung stehen.

Individuelle Regelungen im Gesellschaftsvertrag sinnvoll

Das GmbH-Gesetz kennt nun zwar eine Regelung zur virtuellen Gesellschafterversammlung, die auch direkt anwendbar ist. Und doch ist es – wie so oft im Gesellschaftsrecht – sinnvoll, auch für die virtuelle Gesellschafterversammlung individuelle Regelungen im Gesellschaftsvertrag zu treffen.

Hier gilt es einerseits zunächst zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag bisher eventuell nicht mit der neuen Gesetzeslage in Einklang steht und angepasst werden sollte. Finden sich keine Regelungen zur virtuellen Gesellschafterversammlung, ist es vor allem sinnvoll, bei einer Abstimmung über das „Ob“ einer virtuellen oder hybriden Gesellschafterversammlung eine einfache Mehrheit – wie für die meisten Beschlüsse der GmbH – ausreichen zu lassen. Und auch Details zur Einladung und Durchführung sollte man dann aufnehmen, damit sich der Fehlerteufel auf diesem Neuland nicht zu schnell einschleicht und zum Beispiel im Hinblick auf Diskussionen eine ähnliche Situation geschaffen werden kann wie bei einer Präsenzversammlung.

Neuerungen für Gesellschaftsversammlungen: ein längst überfälliger Schritt 

Es ist ein großer Fortschritt, dass gesetzliche Möglichkeiten geschaffen wurden, Gesellschafterversammlungen unter Einsatz moderner Kommunikationsmittel virtuell oder hybrid stattfinden zu lassen: nicht jeder Gesellschafter muss mehr weite Anreisen in Kauf nehmen, um sein Stimmrecht auszuüben – auch unter Effizienz- und Nachhaltigkeitsaspekten ist das sinnvoll. Gleichzeitig ermöglichen virtuelle und hybride Versammlungen Personen, die nicht anreisen wollen oder können, ihr Stimmrecht auszuüben. Die Anpassung des GmbHG in diesem Punkt macht damit das GmbH-Recht flexibler, nachhaltiger und demokratischer. Ein guter und wichtiger Schritt!

Und doch wird es in Zukunft darauf ankommen, dass Gesellschaften sich zunächst darüber Gedanken machen, wie sie in Zukunft ganz konkret ihre Gesellschafterversammlungen abhalten wollen und dass sie diese Vorgaben dann in der Satzung der GmbH aufnehmen.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
31. Oktober 2023

Diesen Beitrag teilen

Gesellschaftsrecht
25.08.2025

Update: Anmeldung der Geschäftsführerbestellung zum Handelsregister – Angabe der Privatanschrift des neuen Geschäftsführers nicht erforderlich

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 09.01.2025 (Az. I-4 Wx 19/24) entschieden, dass bei der Anmeldung eines Geschäftsführers zum Handelsregister die Angabe der vollständigen Wohnanschrift nicht erforderlich ist. Zur Identifizierung genügen Name, Geburtsdatum und Wohnort (§ 43 HRV); die Geschäftsanschrift reicht in der Regel auch für die Erreichbarkeit aus. Eine Pflicht zur Mitteilung der Privatanschrift ergibt sich weder aus dem HGB noch aus dem FamFG. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann die Wohnanschrift zur Identifizierung oder Zustellung notwendig sein.

Beitrag lesen
Bau- und Architektenrecht
07.07.2025

Was Sie als Bauherr von einem Architekten erwarten dürfen und welche Schritte Sie beachten sollten

Die Beauftragung eines Architekten gehört zu den zentralen Aufgaben, die ein Bauherr bei der Realisierung eines Bauprojekts bewältigen muss. Doch welche Leistungen darf ein Bauherr üblicherweise von einem beauftragten Architekten erwarten und welche Unterlagen sind anzufertigen und herauszugeben? Dieser Artikel bietet eine Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen und praktische Tipps für Ihr Vorhaben.

Beitrag lesen
Mietrecht
17.06.2025

Balkonkraftwerke nur mit Zustimmung des Vermieters (AG Köln 208 C 460/23)

In einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichts Köln hat sich das Gericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob Mieter ohne Zustimmung ihres Vermieters ein Balkonkraftwerk installieren dürfen. Dieses Urteil vom 13. Dezember 2024, das sich intensiv mit den neuen gesetzlichen Regelungen in Bezug auf Steckersolargeräte befasst, ist von großer Bedeutung für Mieter und Vermieter gleichermaßen. Insbesondere in Zeiten, in denen Umweltschutz und Energiekosteneinsparungen einen immer höheren Stellenwert einnehmen, stellt sich die Frage nach dem Recht der Mieter, alternative Energiequellen auf ihrem Balkon zu installieren, als brisantes Thema heraus.

Beitrag lesen