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Irrtümer im Versicherungsrecht Wer bei Rot über die Ampel fährt, hat keinen Versicherungsschutz. Irrtum oder Wahrheit?

Ach, du Schreck! Rote Ampel überfahren – zu spät – jetzt hat es gekracht.

Der Albtraum eines jeden Autofahrers. Im ersten Moment noch froh, dass es zu keinem Personenschaden gekommen ist, im zweiten Moment dreht man sich um und sieht die erheblichen Blechschäden an dem eigenen Fahrzeug und an den Fahrzeugen der anderen Unfallbeteiligten, mit denen man zusammengestoßen ist. Der Nervenzusammenbruch ist nahe, wenn nun dem weitverbreiteten Irrtum Glauben geschenkt wird, dass beim Überfahren einer roten Ampel kein Versicherungsschutz besteht. Dies stimmt jedoch so nicht ganz.

Keine Sorgen machen muss man sich über die Schäden der anderen Unfallbeteiligten. Ob Personen- oder Sachschäden, diese werden von der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung übernommen. Dafür ist die Kfz-Haftpflichtversicherung da und deshalb ist diese auch eine Pflichtversicherung. Alle Verkehrsteilnehmer sollen nämlich zumindest wirtschaftlich geschützt sein, wenn Verkehrsunfälle von anderen verursacht werden.

Etwas anders sieht es bei der Vollkaskoversicherung aus. Diese deckt grundsätzlich die eigenen Schäden am eigenen Fahrzeug ab. Sie ist aber berechtigt, die Versicherungsleistung zu kürzen, wenn grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Gerade bei dem Überfahren einer roten Ampel wird oft grobe Fahrlässigkeit angenommen, sodass es nicht selten zu Kürzungen der Versicherungsleistung kommt. Hier muss jedoch genau hingeschaut werden. Nicht jeder Rotlichtverstoß ist zugleich eine grobe Fahrlässigkeit, die den Versicherer vollständig von seiner Leistung an den Versicherungsnehmer befreit. So macht es z.B. einen Unterschied, warum in der konkreten Situation eine rote Ampel nicht beachtet wurde: War der Fahrer vielleicht durch ein schreiendes Kleinkind auf dem Rücksitz abgelenkt oder aber hat er während der Fahrt telefoniert? Wurde die Sicht des Fahrers durch eine starke Sonneneinstrahlung beeinträchtigt? Oder hat er bewusst die Ampel überfahren, um schneller ans Ziel zu kommen? Es kommt also auf die Ursache, Motivation und den Anlass des Überfahrens der roten Ampel an. Zudem ist nämlich bei der Bewertung der groben Fahrlässigkeit zu berücksichtigen, ob dem Unfallverursacher lediglich ein sehr kurzfristiges Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfalt vorzuwerfen ist, ein so genanntes Augenblicksversagen. So hat bereits im Jahr 2003 der BGH klargestellt, dass ein Augenblicksversagen allein zwar nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entfallen lässt, doch der Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit ist durch ein Augenblicksversagen erheblich gemindert. In dem Fall muss der Versicherer dies zugunsten des Versicherungsnehmers berücksichtigen und darf die Versicherungsleistung nur um einen gewissen Prozentsatz kürzen. Es gilt der Grundsatz: Je schwerer das Verschulden, desto geringer ist die Leistung des Vollkaskoversicherers. Die Gerichte ersehen bei Augenblicksversagen zum Teil eine Leistungskürzung um 50 % als berechtigt an.

Erneut spielt im versicherungsrechtlichen Bereich die Frage der groben Fahrlässigkeit eine große Rolle. Wenn diese Problematik aufkommt, ist also immer zu fragen, was Ursache, Motivation oder Anlass des Handelns des Versicherten war und wie sich der Versicherungsfall genau abgespielt hat.

Ermunternd ist, dass manche Versicherer inzwischen Verträge anbieten, in denen sie in solchen Fällen auf die Leistungskürzungen bei grober Fahrlässigkeit verzichten.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
11. Juni 2021

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